Foucault's Episteme als pdf

FoucaultEpisteme.pdf

Foucault und die Episteme des Denkens

 

Dieser Artikel stellt die *Brüche* der Erkenntniswege des Menschen seit Anfang des 18. Jahrhunderts in der Idee Michel Foucaults vor. Anhand des Konzeptes der Episteme wird erklärt, wie sich der Mensch von seiner subjektiven Eingebundenheit in die *kosmische Ordnung* trennte und nach Foucault zunehmend als *objektiver, aber toter Bestandteil* von Erkenntnissystemen auftrat. Episteme sind Glaubenssätze der Wissenschaft, nicht hinterfragte Grundprinzipien der jeweiligen Zeit. Foucault selbst rückte in späteren Jahren von dem Begriff der Episteme ab und ersetzte ihn durch den des Dispositivs, [ein entschieden heterogenes Ensemble, das Diskurse, Institutionen, architektonische Einrichtungen, reglementierende Entscheidungen, Gesetze, administrative Maßnahmen, wissenschaftliche Aussagen, philosophische, moralische oder philanthropische Vorstellungen begleitet]1. In diesem Sinn bedeutet der Begriff den gleichzeitig absoluten und relativen Charakter jeder Erkenntnis, der dadurch entsteht, dass wir versuchen, die Dinge permanent einer Ordnung, bzw. Norm zu unterwerfen.

 

Die Dinge werden dadurch zum Negativ ihrer begrifflichen Erscheinung und müssen wie bei Hegel in der notwendigen Relation zu einem konstruierten Absoluten immer in Abhängigkeit des Interpreten verbleiben. Der Mensch im Zentrum seiner eigenen Untersuchungen wird zu einem Phänomen, das sich selbst permanent ab- und erschafft, der durch den Geist der 2. Negation wie Hegel sie nannte, das immer wiederkehrende zu erkennen glaubt, während das Positive nur einmal passiert. In diesem Zwischenraum von Wiederholung und Einmaligkeit entsteht die Vermittlung der *geistigen Ideen*. Episteme entstehen nach Foucault aus dem Widerstreit von Denkrichtungen, die versuchen, die Ideen ihrer Zeit in ideologischer Weise zu untermauern und ihre Sichtweise als die *Menschlichere* anzupreisen, während sich ihre Paradigmen gleichzeitig in der Wiederholung des abgelehnten zu einer Zensur verabsolutieren und pervertieren. In diesen Brüchen des *Fortschritts*, die sich an bestimmten Phasenpunkten des Weltgeschehens häufen, spiegelt sich die Zerrissenheit des menschlichen Daseins; Zeit seines Lebens ging es Foucault, und das macht ihn sympathisch, um die praktische Beschreibung von Missständen der in Wissenschaftspathos und vorgebliche Humanität gehüllte Moderne.2

 

Der Machtanspruch aller Diskurse kann nur im Widerstand der sprachlichen Dekonstruktion, in der Auflösung der den Diskurs bestimmenden Mitteln, überhaupt bemerkt und seine Repression spürbar werden, egal zu welcher Zeit. Gerade in einer demokratischen und humanistisch eingestellten Gesellschaft verschwimmen die Konturen der Macht vor dem Hintergrund der vermeintlich ethischen Überlegenheit des Systems und damit die Möglichkeit zu Kritik an der Essenz überhaupt. Im Übergang der Erkenntnissysteme spiegelt sich das Schicksal derjenigen, die den Schnitt nicht vollzogen haben, deren Denken sich nicht an die Gegebenheiten anpassen wollte oder konnte, weil für sie im Theoriemix die eigene Position nicht klar formulierbar erschien, weil dort, [wo Zeichen sind, nicht mehr der Mensch sein kann, und dort wo man Zeichen zum Sprechen bringt, der Mensch schweigen muss]3.

Die epistemischen Brüche der Erkenntnissysteme sind mit einem anderen Begriff Foucaults äquivalent: dem der Heteropien, Räume in Räumen, die andere Formen der Kommunikation schaffen und quer zur normalen Ordnung liegen, angefangen von den Mönchszellen, über Friedhöfe, Schiffe, Bordelle, Wartezonen von Flughäfen, Atomkraftwerke, bis zu den Räumen der wissensvermittelnden Lehranstalten. Sie verbinden [fundamentale Codes einer Kultur, die Sprache beherrschen und auf der anderen Seite die wissenschaftlichen Theorien und Erklärungen der Philosophie, die die Ordnung des Denkens deuten]4.

 

Mit der Industrialisierung und Mechanisierung der Arbeitsabläufe entstehen zunehmend Zonen, die für das Leben gleichzeitig wichtig sind durch ihren ordnungsschaffenden Charakter, gleichzeitig aber auch zur Verdrängung und Entwurzelung einladen. Auch die Abgesondertheit des wissenschaftlichen Denkens wird durch Räume geprägt, die das Besondere im Normalen darzustellen versuchen. Seit die Humanwissenschaften und Psychologie den Menschen selbst im Ziel ihrer Untersuchung haben, wird das in die verdrängten Räume abgesonderte  *Abnormale* psychologisiert und dem *Standard des Normalen* entgegengesetzt. Das Denken des Menschen dreht sich immer mehr um etwas Konstruiertes, das sich mangels gemeinsamer Erlebensräume zu subjektiven Standards entwickelt, die dem objektiv-rationalen Anspruch von Wissenschaft und Technik seltsam gegenüberstehen.

 

Foucault analysiert die gegenseitigen Auswirkungen der zu Beginn des 18. Jh. neuen wissenschaftlichen Methoden in Biologie, Medizin, Ökonomie, Grammatik, Psychologie u.a., die allesamt die Taxierung und Klassifizierung menschlicher Leistung nach dem Vorbild wissenschaftlicher Einordung zum Ziel haben und ein Bild des Menschen als Funktionsteil dieser Systeme in seinen speziellen Räumen hervorbringen, das historisch vollkommen neu ist. Die *Episteme des neuen Denkens* ziehen sich wie rote Fäden durch Foucaults Bücher; in der medizinisch-psychiatrischen Beschreibung des Körpers in seiner produktiven Organfunktion, in der systematischen Überwachung von Gefangenen und deren Erziehung zur Produktivität, in der statistisch-soziologischen Untersuchungen der Irren, Kranken, Arbeitsunfähigen und Aufsässigen, die ab dem 18. Jh. unterschiedlich verwahrt und *trainiert* werden5 und deren statistische Daten das Zahlenmaterial zur Definition eines *gesunden Menschenbildes* hervorbringen, in der *Eschatologie* der marxistischen und positivistischen Ideologien, sowie in der Beschreibung der *sexuellen *Perversionen* im Zuge der Schaffung eines *gesunden Menschenbildes* nach wissenschaftlichen Erkenntnissen. Foucault beobachtet eine Parallele dieser Klassifikationen in den sozialen Wissenschaften zu denen in der Ökonomie, Grammatik und in  naturwissenschaftlichen Fächern, vor allem der Biologie, die ab dem 18. Jh. lexikalisches Wissen ohne Unterlassproduziert.

 

In seinem ersten Buch *Geschichte der Klinik* geht Foucault der Frage nach, inwiefern die Einrichtung von Irrenanstalten das Denken der Moderne verändert hat. Er analysiert alle in Frankreich verfügbaren  Dokumente zwischen 1770 und 1820. Mit der französischen Revolution wurden 1793 Millionen eingesperrter Menschen befreit. Während zuvor *Wahnsinnige*, Verbrecher, Libertins und politische Gefangene in denselben Gebäuden untergebracht wurden, schuf der französische Staat eigene Unterbringungseinrichtungen. Für die psychisch Kranken bedeutete diese *2. Einsperrung*, wie Foucault sie nannte* eine Stigmatisierung, die fortan das Bild des Menschen verändern und im Namen der *Humanisierung* ein *gesundes* Menschenbild als Negativ des Wahnsinns zeichnen sollte.6) Foucault weist akribisch nach, wie die Begriffe aus Wirtschaft, Biologie und Medizin ähnlichen Kategorisierungen wie denen der Psychiatrie folgen und sich gegenseitig *befruchten*; als Beispiel sei das Epistem der Darwin’schen Formel der *Auswahl der Besten* genannt, die von Darwin selbst anders gemeint war (als Anpassung an Nischen).7

 

Ausgehend von den Bereichen der Medizin und Psychologie weiteten sich Überwachung, Einsperrung, Segmentierung, Klassifizierung, Vermessung und Kategorisierung auf Wirtschaft, Soziologie und Politik aus. Was an Daten über die Gesellschaft gewonnen wurde, stammte vorwiegend aus psychiatrischen Anstalten, Kasernen, Gefängnissen und Krankenhäusern. Die Prozedur der Dressur in diesen Anstalten war ein Vorbild für die ökonomischen Produktionsprozesse – Manufakturen, Universitäten und Schulen wurden zunehmend drillmäßig betrieben und zielten immer mehr auf, eine *Kunst der Zusammensetzung der Kräfte zur Herstellung eines leistungsfähigen Apparates*. 8) Die Organisation der gegenseitigen Beobachtung lässt das System funktionieren, sie macht die Macht vor allem in Umerziehungsanstalten effizient, wo es um das Erlernen eines *gesellschaftlich tolerierbaren Verhaltens* geht.9) Aufgabe des Arztes war es, die Symptome der Krankheit so zu lesen, dass sie als Exemplar einer biologischen Art klassifiziert und damit ihr wesenhafter Verlauf vorausgesagt werden konnte. Der Einschluss der Körper garantiert die Überwachung ihres In- und Outputs vergleichbar den biologisch- zellulären Konzepten. Die Parzellierung, die Zuweisung eines festen Platzes lässt immer eine Kontrolle der Leistung und der *Norm* zu. Schließlich wird die Nachahmung der vermeintlichen Hierarchien der Natur, eine Klassifikation der Menschen nach Güte des systemimmanenten Verhaltens zur Bestimmung.

 

Das Denken in Biologie, Medizin, Psychologie, Ökonomie bildet sich auf die Sprache ab, welche wiederum Einfluss auf das Geschehen in der Politik und die Definition eines vermeintlich sozialen, humanistischen Wesens hat, das in Wirklichkeit Vollstrecker eines totalitären Systems ist. Der Körper verliert seine ursprüngliche Sinn- und Zeichenhaftigkeit, [das Bild des *Wahnsinnigen* nimmt nunmehr die Eigenschaft eines Spiegels an, in dem der moderne Mensch seine primitiven Wünsche, seine einfachen Mechanismen, die dringlichsten Bestimmungen seines Körpers erkennt]11. Das Wissen schlägt in Macht um. Die Techniken zur Kontrolle und Manipulation des menschlichen Körpers und seiner Verhaltensweisen bestimmen im Diskurs eine Anpassung an nicht hinterfragte Episteme des Denkens. Vor allem die Sexualität wurde zu einem Untersuchungs-*Gegenstand*, die die Illusion von gesunden und kranken Menschen in der *Untersuchung* intimer Handlungen unter der Verselbstständigung der *Normen* nach wissenschaftlichem Muster schufen und eine *Sozialisierung des Fortpflanzungsverhaltens* anstrebten. Foucault erkennt vor allem 4 Gruppen, die dafür erkoren waren, den Machtdiskurs der *befreiten Sexualität* über sich ergehen lassen zu müssen: 1. Frauen, in der Unterstellung hysterischer Verhaltensweisen. 2.Kinder, in der Unterstellung sexueller Handlungen, die für Kinder gar nicht sexuell sind. 3.Paare, die von den gegebenen monogamischen Codizes abweichen 4. *Perversionen* in Form eines abweichenden Verhaltens von dem nunmehr festgelegten *Standard*. Im Rahmen der einsetzenden *therapeutischen Heilungen* wurden ab ca. 1800 mit der Einsperrung der *Wahnsinnigen* in eigene Kliniken Normen und Kategorien geschaffen, die dem Individuum und seinen individuellen Bedürfnissen entsprechen sollten, in Wirklichkeit aber einen Homunculus im Reagenzglas schufen.

 

An diesem Bruch erscheint der moderne Mensch als Spiegel des kategorisierten Wahnsinns außerhalb der humanistischen Ansprüche der ihn regulierenden Systeme, wie Foucault es sieht, [alle abgründigen Möglichkeiten des Menschen, die eben nicht das *ganz andere*, sondern vielmehr das *heimliche Eigene* der menschlichen Natur sind]12. Astrologisch gibt es eine Parallele zu der Foucault‘schen Festlegung des Anfangspunktes der subjektschaffenden, mechanischen Kategorisierungen mit Beginn des 18. Jh. Die Konstellationen im Himmel führen zwischen den Jahren 1800 und 2100 zu einer regelmäßigen  Aspektbildung der fünf äußeren Planeten, einschließlich Chiron, dessen besondere Bedeutung für die moderne Astrologie eine mögliche Erklärung findet. Ein kurzer Blick auf die abgebildete Zeitskala der Aspektbilder zeigt, dass zwischen 1800 und 2100 Chiron- und Neptun-Aspekte mit den Konstellationen von Saturn, Uranus und Pluto zeitlich in prägnanten historischen Abschnitten zusammenfallen.

 

 

Der *große Zyklus* 

 

Jede Konstellation kann innerhalb dieser Art Erkenntnis auf zwei verschiedene Arten gesehen werden, einmal als Analyse seiner Bestandteile und einmal als Synthese eines übergeordneten Zyklus. Eine solche Konstellation des *großen Zyklus*, wie ich ihn nennen möchte, hat ähnlich den Kontradieff- Zyklen eine *Periodik der wissenschaftlichen Quantensprünge* mit den dazu gehörigen Änderungen in der Weise der Erkenntnis. Alle 25–30 Jahre erscheinen seit 1800 regelmäßig Wechsel der Erkenntnisse, die weitreichende ökonomische und gesellschaftliche Folgen haben. Die *harten Planeten* Saturn, Uranus und Pluto bilden im Wechsel mit den *weichen Planeten* Chiron und Neptun größere Figuren, die von der Ambivalenz und Gegensätzlichkeit der beteiligten Planeten leben. Im 19. und 21. Jh. befinden sich die Oppositionen und Konjunktionen von Chiron und Neptun immer in zeitlicher Nähe zu den *großen* Figuren von Saturn, Uranus und Pluto.

 

Im 20. Jh. kommt es zu einem *Bruch im Bruch*. Saturn, Uranus und Pluto markieren die Wendejahre 1933, 1966 und 1990 (ohne Pluto), Chiron und Neptun halbieren das Jahrhundert in ihrer einzigen Konjunktion im wegweisenden Jahr 1945. Im Jahr 2010 kommen die Figuren wieder zusammen und beschreiben das, was wir in der *kardinalen Klimax* als Höhepunkt dieses Zyklus erkennen können, weil sie auf den Anfangsgraden der kardinalen Zeichen stattfindet. Die Härte des T- Quadrats von 2010 ist nicht zu überbieten, während die Weichheit der Chiron/Neptun- Konjunktion zwei Jahre zuvor, begleitet vom Jupiter im Übergang zum Zeichen Fische, kaum weicher sein könnte. Die Foucault‘sche Kritik moderner Erkenntnisweisen ist für mich eine gute Übersetzung dieser  Konstellationen, die die Zerrissenheit des modernen Menschen in seinem widersprüchlichen Streben nachabsoluter Ordnung (Saturn, Uranus, Pluto) und Sehnsucht nach Eingebundenheit in die universelle Ethik einer *besseren Welt* (Jupiter, Neptun) spiegeln. Vom Marxismus über den Positivismus und Existenzialismus bis zu den Entwürfen des Neoliberalismus wird der Mensch immer wieder auf Denkweisen reduziert, gegen deren Einverleibung er sich wehren muss, weil sie die Subjektivität unterhöhlen und epistemische Ursachen zu Grunde legen, die ihn in einer konstruierten Rationalität einmauern.

 

Nur in der konsequenten Analyse des Diskurses auf seine Machtstrukturen hin liegt nach Foucault die Möglichkeit, den Fangarmen der Erkenntniswege von Politik, Wissenschaft, Wirtschaft usw. zu entgehen, die allesamt ein *richtiges Denken* im Sinne von *humanen Zwe Zwecken* vorschreiben wollen. Macht ist für Foucault immer produktiv und gegenseitig bedingt, sie kreiert die Subjekte ihrer Unterdrückung selbst. Nur in der *Differance*, in der Unterscheidung des Diskurses sind jene kleinen Nischen des Daseins möglich, die ein Menschsein bewahren und eine nicht-direktive,  individuelle Sichtweise auf *die Dinge* möglich machen.  Dabei gibt es nach Foucault keine *Dinge an sich*. Allein der Diskurs konstituiert die Gegenstände, wie wir sie sehen. [Der Gegenstand wartet nicht in der Vorhölle auf die Ordnung; die ihm gestattet, Gestalt anzunehmen, denn es gibt ihn außerhalb dieser  Ordnung nicht…]1

 

Eine klare Absage an den Kantschen *kategorischen Imperativ* und die *platonischen Ideen* eines *idealen* Menschen. Die Idee einer Tugend ist eine Falle, weil die Vorgabe humanistischer Zwecke zu dem Paradoxon führt, dass noch die Menschen in  verachtenden Systeme wie dem Faschismus und Stalinismus ihre *für den Menschen gemachten* Ideale hatten. Dies hatte schon Nietzsche klar voraus gesehen. Nur die konsequente Dekonstruktion der Sprache und das Aufzeigen der jeweiligen Machtsymbole im aktuellen Diskurs führt zur Umgehung der Paradoxie. Außerhalb der Argumente des Diskurses und ihrer Herrschaft gibt es keine relevante Wirklichkeit.  Deshalb spricht Foucault nicht von den Systemen selber, sondern von der Macht der Zeichen und der Notwendigkeit, sich der Macht dieser Symbole zu erwehren, um in der *Differance* die eigene Bedeutung und Identität zu bewahren.

 

Die unten aufgeführten Episteme sind Beispiele, wie Symbole die Richtung des Diskurses bestimmen können. Der Kern der Bedeutungen, der in den Symbolen und Metaphern einer Kultur und Denkrichtung wie genetisch eingebrannt erscheint, ist nur ein Abglanz der ewigen Tätigkeit des Vergleiches, wie es Foucault in seiner *Ordnung der Dinge* beschreibt. Dieser Kern bedarf einer vorgefertigten Systematik, in deren Sinn er erscheinen kann. Das Konzept von Männern und Frauen als *sexuelle Positive* beispielsweise erzeugt so lange sich selbst erfüllende Erwartungen in der Serienbildung der dazu passenden Beispiele, bis es zu einem entscheidenden Bruch aus einer anderen Betrachtungsweise kommt und sich die Spielarten der Natur in sich verzweigenden und verschachtelten Wegen personifizieren. Die *Dinge* konstruieren sich dadurch, dass wir sie beständig in Serien von Ähnlichkeiten verpacken und daraus Ordnungen ableiten, die wiederum in Differenz zu der Ausgangsordnung stehen müssen, um einen erkennbaren Charakter zu bekommen; die Ehre eines eigenen Symbols, einer Metapher oder geistigen Denkrichtung wird nur der Idee zuteil, die in der scheinbar unendlich gleichen Abfolge der Dinge einen erkennbaren Unterschied sehen kann.

 

Die folgende Aufzählung soll in Nachempfindung der Foucaultschen Diktion die Umdeutung des epistemischen Begriffs bruchstückhaft erläutern. Episteme in der Form der Begrifflichkeit, wie ich sie hier vorstelle, zeichnen sich allgemein dadurch aus, dass sie Ideologien aus der Vergangenheit aufnehmen und in einen akuten Gegensatz stellen, der den *Wahnsinn des Andersdenkenden* vom *Gesunden* scheiden helfen soll. Zwischen diesen Räumen der alten und neuen Theorien entstehen in den Heterotopien selbstständige Gedankengebäude, deren Argumentationsweise in die Alltagssprache übergeht. In diesen Gegensätzen bilden sich die Samen neuer Erkenntnis-Systeme mit ihren Herrschaftsansprüchen an den jeweils aktuellen Diskurs. Ihre Radikalität beziehen die Episteme aus dem Wunsch nach Erkenntnis, nach einem Weg im Dickicht des Denkapparats des modernen Menschen,  ähnlich dem Begriff des *Paradigmenwechsels* von Kuhn (1962), der einen plötzlichen Wandel der Wahrnehmung kennzeichnet. Erkenntnis geht nach Foucault immer schon eine Einflussnahme von  Interessengruppen voraus; im *neuen Zeitalter* ist dies vor allem die radikale Verneinung aller das Subjekt  künstlich erhöhenden Gedanken des herrschenden Wissens-Systems. Die Forderung nach kausaler Ableitung aus den definierten Epistemen der herrschenden Erkenntnistheorie gibt vor, wie der Mensch zu denken hat, um Mensch im Sinne der getroffenen Definition zu sein.

 

Die folgenden Episteme (siehe "Der große Zyklus" und "Episteme des Denkens") sind rückwärts konstruierte Denksysteme, die auf historische Vorbilder zurückgreifen und deren Ursprung durch den historischen Bezug die wissenskonstituierende Bedeutung erhält. Zum Beispiel sind Anschauungen einer Relativität von Zeit und Raum schon lange vor Einstein diskutiert worden; ab 1900 werden sie zumeist in Bezug auf die allgemeine Relativitätstheorie besprochen. Das Epistem repräsentiert ein Bündel von Sichtweisen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt auf eine bestimmte Weise zum herrschenden Faktor des Diskurses geworden sind, auch wenn sie grundsätzlich ganz anders hätten gedacht werden können und gedacht worden waren.

 

Artikel aus der sternzeit 49/2011 mit freundlicher Genehmigung

 

Andreas Bleeck:

Jg. 1966, seit 2004

astrologische

Vorträge, Seminare

und Beratung in

Darmstadt.

Schwerpunkte:

Männerthemen,

Psychoanalyse,

moderne Mythen.

Planetenstellen mit

Gordana Miletic.

Zahlreiche

Veröffentlichungen

in Meridian und

Astrologie Heute



 

 

Quellennachweis

1) Michel Foucault, Lehrsätze 1978, S.119

2) Foucault kämpfte für Gleichberechtigung

der Geschlechter, Verbesserung der

Verhältnisse in Gefängnissen und setzte

sich u.a. auch für Solidarnosc und die

iranische Revolution ein.

3) Michel Foucault, Gesammelte Werke I, S. 651

4) Michel Foucault, Die Hauptwerke, 2008, S. 403

5) Henri Ellenberger, Die Entdeckung des

Unbewussten: Geschichte und Entwicklung

der dynamischen Psychiatrie von den

Anfängen bis zu Janet, Freud, Adler und

Jung, 1973

6) Auch die Psychoanalyse gerät in die Kritik

Foucaults, ein Abhängigkeitsverhältnis des

*Kranken* zu einer väterlichen Figur zu

schaffen

7) Darwin verwehrte sich auch gegen die

Vereinnahmung und Vereinfachung seiner

Theorie durch Marx.

8) Michel Foucault, Überwachen und Strafen, S. 112

9) www.die-grenze.com/index.html?

10) Michel Foucault, Die Geburt der Klinik

11) Michel Foucault, Der anthropologische Zirkel, 2003, S. 21

12) Michel Foucault, Wahnsinn und Gesellschaft