Mythen im Tierkreis
Astrologie handelt von Mythen im universellen und im persönlichen Sinn. Mythen sind mit Niklas Luhmann, dem Begründer der soziologischen Systemtheorie eine „operative Fixierung der Identität.“[1] Sie machen es möglich, außerhalb des eigenen Systems liegende, unverstandene, fremde, unlogische Dinge greifbar und operabel zu machen. Ernst Cassirer sieht in den Mythen Figuren, deren Wirkung besonders in Krisen eintritt, wenn die Vielfalt des symolischen Denkens durch die Wucht des Mythos eingeschränkt wird und affektive, mit Riten beladene Gefühlsgemeinschaften entstehen.[2] Für Arnold Gehlen, einem weiteren Vertreter der „philosophischen Anthropologie“, ist der Mythos ein Versuch, zwischen struktureller Gewalt und ursprünglichem Empfinden zu vermitteln. Mythen erklären auf einfache Weise prototypische Funktionen des Lebens, deren ausführliche Erklärung den technischen Eliten vorbehalten ist. Das Volk in Unkenntnis der Entscheidungsprozesse der Eliten stimmt sich mit den Mythen auf Handlungskompetenzen ein, deren volle Konsequenz ihnen mangels vernünftiger Erklärung verschlossen bleibt. Für Gehlen sprechen sich im Mythos existenzielle Grunderfahrungen aus, die den Menschen überlasten. Das Erzählende des Mythos lehrt einen entlastenden Umgang mit problematischen Situationen, die die gegenwärtige Situation in der Vergangenheit begründen hilft. Das Problematisieren der Vergangenheit eröffnet in kulturellen Krisen neue Handlungswege in die Zukunft.
Eine kritische Astrologie als Hüterin und Warnerin der Mythen zugleich hat und hatte und hat eine Vermittlungsfunktion zwischen Volk und Eliten. Als Beraterin der Eliten[3] bringt sie denselben die Mythen des Volkes näher und erklärt ihnen quasi in einer zweiten Reflexion die Auswirkungen der moralischen und technologischen Vorgaben an das Volk. Astrologie stellt den konstruierten Geschichtsbezug der Mythen nach, sie gibt ihnen einen Bedeutungsraum außerhalb ihrer selbst, eine zeitlose Ordnung der Kategorien, die zwar erweiterbar und veränderbar sind, in ihrer Grundstruktur aber so erhalten bleiben, dass die Deutungen auch nach Jahrtausenden noch sinnvoll bleiben.
In der Rückwärtsbewegung durch den Tierkreis bilden sich an den Übergängen typischen Mythen, die auch im persönlichen Horoskop Ausdruck finden.
| Rollen | Mythen | Personen |
Neptun Eschatologisch | Weise, Mystiker, Lichtarbeiter… | Atlantis, Yggdrasil, Weltenei, | Meister Eckhart, Rumi, Tolle, Hübl |
Uranus Transformationsm | Clowns, Magiere, Kabbarettisten… | Gnosis, kritische Gesellschaftstheorien… | Crowley, Gurdjeff, Cagliostro, Schlingensief |
Saturn Urstandsmythen | Hardliner, Strategen, Think Tanks… | Absolutismus, Kapitalismus, Kommunismus, goldenes Zeitalter, | Kohl, Thatcher, Mehdorn, Wolfowitz, |
Jupiter | Prediger, Gurus, Entertainer… | Bibel, BhagavadGita, Koran, Tao Te King... | Mesmer, Yogeshwar, Fliege, Käßmann |
Pluto soteriologisch | Therapeuten, Künstler, Underground… | Opfer, Sühne, Therapie, Psychoanalyse, | Domian,[1] Stuckrad-Barre, Beuys, |
Lilith | Vermittler, Helfer, Diplomaten… | Aufklärung, Humanismus, Sozialarbeit, Hilfswerke | K.H. Böhme, Schweitzer, Ayn Rand, Bourdieu |
[1] Am Beispiel Domian lässt sich gut zeigen, dass gesellschaftsferne, mythologisch angehauchte Themen von intellektuellen Eliten gemieden werden, sein Publikum, dass gut untersucht ist, rekrutiert sich zum größten Teil aus „niedrigen“ Schichten.
[1] Niklas Luhmann, Was ist Mythos? in „Die Gesellschaft der Gesellschaft“, 1997
[2] Ernst Cassirer, Der Mythos des Staates, 1985
[3] Eine ausführliche Horoskopdeutung nahm früher Tage in Anspruch und ist auch heute nur für eine begrenzte Zahl von Menschen erschwinglich, die nicht nur das Geld haben, sondern auch das Hintergrundwissen.