Satrurn = alt Uranus = neu...

 

Zeitwahrnehmung wird oft von emotionalem Widerspruch begleitet. Wie ich Dinge in ihrem zeitlichen Verlauf oder Kontrast einschätze, hängt von meiner momentanen Verfasstheit ab. Sie ist keine nüchterne Messung, sondern eine Aussage über mich selbst und führt zu speziellen Skriptmustern, wie sie z.B. von Eric Berne beschrieben worden. 

 

Ob ich etwas als veraltet oder neuartig einschätze, ob ich von einem Ereignis angeregt bin oder mich innerhalb von Sachzwängen befindlich empfinde, ob ich das Gefühl habe, an einem Anfang teilzunehmen, einem Höhepunkt oder an etwas, das schon den Zenit überschritten hat, wird sowohl durch die damit verbundenen Gefühle als auch von erlernten und vererbten Konzepten geprägt; wenn wir begeistert sind oder Angst vor etwas haben, nehmen wir die Situation ganz anders wahr, als wenn wir entspannt sind. Die Paare der Parallelzeichenregenten bilden fünf Grundkontraste der Zeit. Wir unterscheiden in alt (Saturn) und neu (Uranus), in zeitgemäß (Jupiter) und ewig (Neptun), in impulsiv (Mars) und kontinuierlich (Pluto), in Zeit für Sinnlichkeit (Venus) und Arbeitszeit (Lilith, Waage), sowie in synchrone (Merkur) und prozessuale (Chiron, Jungfrau) Zeit.

 

 

Planet

Zeichen

Zeit-Kontrast

Referent

Code

Personales System

Stimmung

Zeitbegriffe

Uranus

 Saturn

Wasserman

Steinbock

Neu

Alt

Moderne

Tradition

Selbstständ.

Norm

Lebenswelt

Institution

progressiv

konservativ

Entweder oder

wenn dann

 Jupiter

 Neptun

Schütze

Fische

zeitgemäß

ewig

Zeitgeist

Dauer

Ideal

Trans zendenz

Politik

Religion

begeistert

vertieft

  Sowohl als auch

Immer schon

 Mars

 Pluto

Widder

Skorpion

Jetzt

wieder

Aufbau

Sanierung

Antrieb

Sozialisier.

Aktivisten

Underground

impulsiv

stoisch

Je  destso

immer wieder

  Venus

 Lilith

Stier

Waage

verlangend

pragmatisch

Freizeit

Arbeit

Vertrautheit

Ausdruck

Innere Zirkel

Status Quo

sinnlich

symbolisch

Um zu

Als ob

 Chiron

 Merkur

Jungfrau

Zwilling

prozedural

synchron

Wissen

Intuition

Wahrheit

Analogie

Wissenschaft

Philosophie

Klassifikator.

ganzheitlich

        Zwar aber

         So wie

Eine absolute Einheit gibt es nicht, doch im Diskurs ist Synthese auf immer neuen Ebenen möglich. Der Mensch ist mit Erfindungen der Sprache aufgerufen, sich immer wieder zu erneuern und neu zu definieren, da die Wirklichkeit der dualistischen Konstruktion der Sprache enteilt. Zeitformen sind die ältesten grammatischen Gebilde, die Sprachforschung untersucht. Ob etwas noch im Handeln befindlich ist oder ob es abgeschlossen ist, ob es verschränkt ist in mehrere Handlungsebenen, oder ob es eine klare Aufforderung zur Tat anzeigt – die Dringlichkeit und Bedeutung ergibt sich vor allem aus der impliziten Zeitdimension einer Äußerung. Beispielsweise wird ein fatalistisches Festhängen an überkommenen Weltbildern (Pluto) gerne durch unvorhergesehenen Aktionismus gestört. Spontanes Ausagieren (Mars) hält auf Ebene 3 die Gegenwart der Systeme am Leben und mit ihnen ‘menschliche’ Situationskomik, wie ihnen in den Dramen der Weltliteratur ein Denkmal gesetzt ist. Der passive Hamlet wollte nie die Tat seiner Mutter sühnen, doch geriet er mit der Zeit unter immer stärkeren Handlungszwang. Der Lauf der Geschichte bringt die Notwendigkeit zur Transformation unweigerlich aufs Tablet; je größer das Nichtwissen, desto eindringlicher die folgen, wie die Geschichte des Ödipus uns nahelegt.

 

Doch Spontanität allein ist noch kein Allheilmittel, um in der Präsenz zu weilen; ja hedonistisch orientierte Spontis vergrößern das Chaos bisweilen, weil sich ihr ‘Rettungsplan’ verselbstständigt. Den ‘Spontis’ stellt sich in jeder Gesellschaft die ‘Seriösen’ gegenüber. Sie bewahren nicht mehr das Ewige Neptuns, sondern in fatalistischer Weise ‘nur noch’ das sich wiederholende plutonischer Pragmatik auf der Suche nach der ‘richtigen’ Sozialisierung. Und damit sind wir bei dem plutonischen Gegenstand dieses Buches. Soziologie, Psychologie und Astrologie entstehen aus dem Wunsch, das Spontane ‘haltbar’ zu machen. Umgangsformen zu finden, die spontan funktionieren, ohne der Sache ein erstarrtes Regelwerk zu unterlegen. Sozialwissenschaften suchen nach Wegen, dem Dogma zu entgehen, das unweigerlich mit der ‘Bändigung des Aktionismus’ einhergeht. Dem ‘jetzt sofort’ wird ein erstmal ‘sich einspielendes Immer wieder’ entgegengesetzt, das jeder kennt, der sich einmal sozialpolitisch engagiert hat (Pluto).

 

Und ganz nebenbei entsteht dabei ein erneuter Gegensatz, der sich in den politischen Aktionsgruppen rund um den Globus deutlich zeigt, die eine andere Meinung des Sozialbegriffs haben und Ungerechtigkeit wittern. Das ist ihre Funktion. Doch aus diesem Kampf wächst ein ungeheurer Druck auf das Individuum und die ‘Richtigkeit’ der eigenen Willensentfaltung. So bildet sich, da auch der hedonistische Widerstand eine gewisse Form von sinnvoller Tätigkeit ist, eine weitere Möglichkeit der Zeitbetrachtung heraus - die Differenz von Arbeit und Freiheit, in der es jetzt ganz offiziell in jedem Menschen zwei ‘verschiedene Persönlichkeiten’ geben darf (Ebene 4). Wer auf der Arbeit mit dem Mainstream geht, darf sich privat ‘experimentell ausleben’ und wer privat ein Langweiler ist, sucht sich aufregende Jobs. So werden die unterschiedlichen Bedürfnisse nach Gegenwartsbefriedigungen gegenseitig erfüllt, ohne in politischen Aktionismus hineingezogen zu werden. Davon zeugen die Erscheinungen der Kunst, Extremsportarten und seltsamste Freizeitbetätigungen. Wer auf der Arbeit ‘auf der anderen Seite’ steht, hat privat das Recht, ein Spießer zu sein. Venus und Lilith (Stier/Waage) stehen für Bedürfnisverschiebung in der Freizeit (Venus) und die arbeitsteiligen Rollen der Gesellschaft (Lilith), die sich gegenseitig ergänzen und Tag für Tag eine ‘neue Gegenwart’ kreieren.

 

Dies kann allerdings in Monotonie münden. Selbst der spannendste Job hat sich irgendwann totgelaufen, das abgefahrenste Hobby ausgereizt. Es bedarf einer fünften und letzten Unterscheidung in ‘reine’ Intuition und Vernunft, die sich nur noch auf transzendente Erfahrungen bezieht. Dann unterhalten wir uns über das, was wirklich hier und jetzt ist – ohne Konstruktion von künstlichen Zeitzonen und ihren versteckten Handlungsaufforderungen an Andere. Wir kommunizieren unsere eigenen Erwartungen an die Wirklichkeit. So entsteht eine Matrix von Zeitbegriffen, die der Mensch als Daseinsfunktionen von klein auf anzuwenden lernt, und die den sprachlichen Rahmen vorgeben, in denen er seine Handlungsaufforderungen und Erwartungen einbettet. Die hier aufgeführten Zeitkontraste sind nicht ursprünglicher als irgendeine andere Unterscheidung. Wir erheben sie zu Leitdifferenzen der Astrologie, indem wir mit ihnen das System der Parallelzeichenregenten noch einmal auf moderne Art und Weise begründen. Angelegt war diese Bedeutung schon mit der Matrix des ersten Tierkreises.